Auf der diesjährigen Tagung der europäischen Vereinigung der Selbsthilfegruppen von oral antikoagulierten Patienten „ISMAAP" (= „International Self- Monitoring Association of Anticoagulated Patients") in Berlin war natürlich auch wieder die „INR- Austria" als Teilnehmer dabei. Im Rahmen der Vorträge von Ärzten und Patienten zum Thema „Wie kann die Mitarbeit der Patienten bei ihrer Therapie verbessert werden, um eine höhere Zeit im therapeutischen Bereich zu gewährleisten ?" hat die „INR- Austria" den folgenden Vortag gehalten:
>>> How to improve patient compliance and medication adherence for a better TTR ("time in therapeutic range") from patient´s and physician´s point of view.
An improved compliance depends in most of the cases on various factors like environment, living conditions and a lot more. In our opinion the performance of the patients could also be improved by the attitude of the physicians. Unfortunately there are still hospitals and rehabs, where physician are unexperienced in the way they handle anticoagulants. Due to this lack of experience, these physicians treat the patient and his / her therapy with too high caution. This could also lead to a false treatment, which is often, due to his own knowledge, recognized by the patient on PSM. I guess it is clear, that such approaches lead to a difficult relationship and to an impaired cooperation. Unfortunately this could be the point, where patients themselves will not be very accessible for the physician. In the following two cases I want to share some practical experiences with you:
1) Two physicians start to discuss in front of a patient, how to adopt the heparin therapy to a warfarin treatment. One physician explains, that he can remember the "3-2-1- rule". As a consequence the other physician suggests taking five pills immediately.
2) During a rehab a patient on PSM is encouraged to perform the test on a different method and to follow the dosing instructions told by his physicians. While he also performs tests by himself, he finds out, that the INR value varies significantly between the two methods.
Furthermore the dosage is adopted by the results of the rehab's method. After long discussions, that end with a signature under a declaration, the patient is allowed to perform the familiar and successful own method, which is PSM. Unfortunately such experiences often lead to mistrust and discomfort of the patient. However, there are also positive examples, where physicians let the patient himself perform the test and adopt the dosage. This could often be seen at dentists. In my opinion THIS is the key to motivate patients to collaborate and to show self-determination. The next generation of physicians will be better educated in regards of anticoagulants and will suggest PSM to even more patients. And this should be the answer to my previous question: The collaboration of well- educated physicians and dedicated, well- trained patients will lead to a higher "TTR". Our association is very proud to be partner of these patients and to improve their overall situation. <<<
Die deutsche Übersetzung lautet:
>>> Wie kann man - aus Sicht von Patienten und von Ärzten - die Patienten- Mitarbeit und die Einhaltung der Medikamenten- Dosen durch die Patienten für eine bessere „Zeit im therapeutischen Bereich" (TTR) verbessern ?
Eine Verbesserung der Compliance ist selbstverständlich von vielen Faktoren wie persönlichem Umfeld, Lebensumständen, Tagesform usw. abhängig. Nach unserer Meinung könnte eine Verbesserung der Mitarbeit der Patienten bei ihrer Therapie aber auch in hohem Maße von einer Veränderung in der grundsätzlichen Einstellung der behandelnden Ärzte abhängig sein. Leider trifft man auch heute noch z.B. in Krankenhäusern und Kuranstalten zu oft auf Mediziner, die im Umgang mit der Anti- Koagulations- Therapie unerfahren sind. Aus dieser Unerfahrenheit entsteht dann eine Vorsichts- Haltung, die der persönlichen Erfahrung des Patienten im Umgang mit seiner Erkrankung und seiner Therapie widerspricht. Da kann es dann schon einmal passieren, daß der Gerinnungs- Wert falsch eingeschätzt wird. Die entsprechende Medikation erscheint dem gut informierten Patienten darum falsch. Das wiederum ist die beste Methode, um das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nachhaltig zu stören. Daß das dann wiederum keine gute Voraussetzung für eine Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient ist - das dürfte jedem klar sein. Und genau das ist dann der Moment, in dem der Patient nur mehr seine Vorstellungen umsetzen will, ohne etwas auf Anordnungen des Arztes zu geben. Ich gebe Ihnen hier nur zwei kurze Negativ- Beispiele aus dem „wahren Leben":
1) Im Krankenhaus diskutieren Ärzte bei der Visite am Bett eines Patienten, wie nach einer Operation am besten von „Heparin" wieder auf „Marcoumar" umgestellt werden soll. Ein Arzt meint, sich an die „3-2-1"- Regel erinnern zu können. Der verantwortliche Arzt erklärt, dann könne der Patient ja auch gleich 5 Tabletten auf einmal einnehmen, um wieder den notwendigen INR- Wert zu erreichen.
2) Bei einem Reha- Aufenthalt wird einem selbst messenden Patienten erklärt, daß die Messung des INR- Wertes und die Dosierung der Anti- Koagulantien ausschließlich Sache der Ärzte seien. Der gemessene INR- Wert weicht stark vom selbst gemessenen Wert ab, die Dosierung von „Marcoumar" fällt entsprechend abweichend aus und würde zu einem stark erniedrigten Wert führen. Erst nach massivem Widerspruch, langen Diskussionen und dem Unterzeichnen einer Erklärung, für mögliche negative Folgen selbst verantwortlich zu sein, wird dem Patienten das gewohnte und bewährte PSM zugestanden.
Derartige Vorfälle sind natürlich nicht dazu geeignet, das gegenseitige Vertrauen von Arzt und Patient zu festigen. Und es gibt natürlich auch Gegenbeispiele von Ärzten, die der Erfahrung des Patienten im Umgang mit seiner Erkrankung und seiner Therapie vertrauen und das Einstellen des „INR- Wertes z.B. vor zahnmedizinischen Eingriffen vollständig dem Patienten überlassen. Nur auf dieser Vertrauens- Basis aber ist es letztlich möglich, den Patienten zu einer geeigneten Mitarbeit bei seiner Anti- Koagulations- Therapie zu bringen. Die nachrückende Generation der Ärzte bringt ein größeres Wissen um die Antikoagulation mit, ebenso wie der engagierte Patient. Und dies ist letztlich auch eine wichtige Antwort auf die eingangs gestellte Frage: Ein vertrauensvolles Miteinander von gut informierten Ärzten und gut geschulten Patienten führt nach unserer Meinung beinahe zwangsläufig zu einer verbesserten TTR- Rate. Die „INR- Austria" steht auf der Patienten- Seite hierzu bereit und konnte schon einiges bewegen, wenn auch noch einiges zu tun bleibt. <<<
Zum Abschluß der dreitägigen Konferenz entstand das folgende Bild mit dem Gastgeber Christian Schäfer und Teilnehmern aus vielen europäischen Ländern sowie aus den USA :